Dem werde ich die Geheimnisse meines Reiches geben
- manfred.lobstein
- 12. Juni
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(Bild Quelle)
“Aber wer meine Gebote hält, dem werde ich die Geheimnisse meines Reiches geben, und diese werden in ihm eine Quelle lebendigen Wassers sein, das zu immerwährendem Leben emporquillt.” (Lehre und Bündnisse 63:23).
Historie zu Lehre und Bündnisse 63
Der Abschnitt wurde am 30. August 1831 durch Joseph Smith in Kirtland, Ohio, empfangen. Es war eine kritische Phase in der jungen Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage. Der Prophet Joseph Smith war soeben von einer bedeutsamen Reise zurückgekehrt, bei der die heiligen Stätten im westlichen Missouri – vor allem in Jackson County – bestimmt und geweiht worden waren. Am 2. August 1831 war das Land Zion offiziell dediziert worden, und am nächsten Tag wurde der zukünftige Tempelplatz in Independence geweiht. Die Freude über diese Offenbarungen war groß, aber auch die Herausforderungen nahmen zu.
Die Rückkehr nach Kirtland am 27. August 1831 war für Joseph Smith und seine Gefährten ernüchternd. Während ihrer Abwesenheit hatte sich unter den Mitgliedern in Ohio Unruhe breitgemacht. Einige waren abgefallen, andere hatten sich schwerer Sünden wie Ehebruch, Heuchelei und Rebellion gegen die Kirchenführung schuldig gemacht. John Whitmer schrieb später, dass die Kirchen während der Abwesenheit der Ältesten „viel Ermahnung“ nötig hatten, da „viele abgefallen“ seien. Auch Joseph Smith selbst bemerkte die "Anstrengungen Satans", die Gläubigen zu blenden und vom Licht Christi fernzuhalten.
Diese Umstände bildeten den unmittelbaren Anlass für die Offenbarung in Abschnitt 63. Joseph hatte den Herrn um Weisung gebeten bezüglich der praktischen und geistlichen Fragen rund um den Aufbau Zions: Wer sollte gehen? Wann? Wie sollten die notwendigen Mittel aufgebracht werden? Was sollte mit dem Eigentum der Mitglieder in Kirtland geschehen, insbesondere mit bedeutenden Besitztümern wie der Farm von Isaac Morley oder dem Laden von Newel K. Whitney? Besonders pikant war die Situation, dass Joseph selbst mit seiner Familie auf der Morley-Farm lebte – ein Verkauf hätte ihn obdachlos gemacht.
Zudem war die Offenbarung auch eine Reaktion auf das Verhalten einiger Kirchenmitglieder in Kirtland, die in moralische Verfehlungen gefallen waren. Der Herr warnte deutlich vor den Folgen solcher Sünden und bekräftigte erneut die Bedeutung von Gehorsam, Heiligkeit und geistlicher Reinheit beim Aufbau Zions.
Die Offenbarung ist daher vielschichtig: Sie verbindet strenge Warnungen mit inspirierter Planung und richtungsweisenden Prinzipien für die Sammlung der Heiligen, die Vorbereitung auf das Zweite Kommen Christi und die Aufrichtung Zions auf Erden.
Zentrale Inhalte von Abschnitt 63
Die Offenbarung gliedert sich in mehrere Schwerpunkte, die alle eng miteinander verknüpft sind:
Warnung vor Gericht und Aufruf zur Umkehr (Verse 1–6):
Der Herr erklärt, dass ein Tag des Grimms bevorsteht, an dem die Schlechten vernichtet werden. Diese prophetische Warnung ist typisch für die Apokalypse des Letzten Tages und will die Heiligen zur Umkehr aufrufen.
Zeichen und Wunder durch Glauben (Verse 7–12):
Der Herr erklärt, dass Zeichen nicht automatisch Glauben erzeugen, sondern dass wahre Zeichen jenen folgen, die bereits Glauben besitzen. Es wird davor gewarnt, Zeichen zu fordern als Bedingung für den Glauben.
Verurteilung von moralischem Verfall (Verse 13–19):
Besonders scharf ist die Verurteilung von Ehebruch und Unreinheit. Der Herr spricht von jenen, die „im Herzen ehebrecherisch“ sind – das erinnert an die Worte Jesu in der Bergpredigt (Matthäus 5:27–28) und zeigt, dass innere Reinheit genauso wichtig ist wie äußere.
Die Verklärung und verborgene Offenbarungen (Vers 21):
Interessanterweise erwähnt der Herr, dass der vollständige Bericht über die Verklärung Jesu (Matthäus 17) noch nicht offenbart wurde. Dies deutet auf weitere zukünftige Offenbarungen hin und verweist auf das Prinzip der fortschreitenden Offenbarung.
Zion und das Eigentum der Heiligen (Verse 24–35):
Der Herr gibt konkrete Anweisungen zur Beschaffung von Land in Zion und zur klugen Verwaltung von Gütern. Eigentum in Kirtland soll behalten oder an die Kirche übertragen werden, während Land in Missouri gekauft werden soll – alles unter geistlicher Leitung.
Zweite Ankunft Christi und das Millennium (Verse 49–54):
Christus verheißt denen, die treu bleiben, Segnungen bei seinem Zweiten Kommen, in der Auferstehung und während des Tausendjährigen Reiches. Zion wird als vorbereiteter Ort dargestellt.
Warnung gegen missbräuchlichen Gebrauch des Namens Gottes (Verse 59–66):
Es wird davor gewarnt, den Namen des Herrn ohne göttliche Vollmacht zu verwenden – eine Anspielung auf falsche Propheten und selbsternannte Führer.
Heutige Anwendung – Was wir daraus lernen können
Abschnitt 63 ist nicht nur ein historisches Dokument einer kritischen Übergangszeit in der frühen Kirche. Es enthält Prinzipien, die auch heute tiefgehende Bedeutung haben.
Zion beginnt mit persönlicher Heiligkeit:
Zion ist nicht nur ein geographischer Ort – es ist ein Zustand des Herzens. Die Heiligen sollten nicht nur nach Missouri reisen, sondern sich innerlich vorbereiten. Auch heute gilt: Wer an der Aufrichtung Zions mitwirken will, muss geistlich bereit sein – durch Glauben, Gehorsam, moralische Reinheit und Hingabe.
Göttliche Zeichen bestätigen, sie ersetzen nicht den Glauben:
In einer Zeit der schnellen Information, Sensationsgier und spiritueller Ungeduld erinnert uns dieser Abschnitt daran, dass der Glaube vor den Zeichen kommt. Wahre geistige Erfahrungen folgen auf Gehorsam, nicht umgekehrt.
Gottes Werk verlangt Ordnung und Opferbereitschaft:
Der Aufbau Zions erforderte damals wie heute praktische Planung, Spenden, Eigentumsverzicht und gemeinsame Anstrengung. Heute bedeutet das, dass wir unsere Zeit, Talente und Mittel dem Werk Gottes weihen sollten – durch Gemeindedienst, Familienarbeit und Hilfsbereitschaft.
Göttliche Warnungen sind Ausdruck der Liebe:
Die scharfen Tadel in dieser Offenbarung zeigen, dass der Herr seine Kinder nicht in die Irre laufen lassen will. Seine Warnungen gelten nicht aus Rachsucht, sondern aus väterlicher Sorge. Auch heute gibt es geistige Gefahren – Gleichgültigkeit, moralischer Relativismus, Stolz – vor denen wir uns hüten sollen.
Der Herr offenbart weiterhin seinen Willen:
Der Hinweis, dass manche Dinge noch nicht offenbart wurden, erinnert uns an das Prinzip der fortschreitenden Offenbarung. Auch heute empfangen wir Führung durch lebende Propheten und durch persönliche Offenbarung. Die Bereitschaft, Gottes Willen zu suchen und zu empfangen, ist entscheidend.
Der Aufbau Zions ist ein Gemeinschaftswerk:
Abschnitt 63 zeigt, wie wichtig Koordination, Kommunikation und Treue innerhalb der Gemeinschaft sind. Jeder Heilige hatte eine Rolle – durch Gebet, Spenden, Gehorsam oder Dienst. Auch heute ist es unsere gemeinsame Aufgabe, Zion aufzubauen – in unseren Häusern, Gemeinden und Herzen.
Schlussgedanke
L&B 63 ist ein kraftvolles Zeugnis für die Notwendigkeit von geistiger Wachsamkeit, moralischer Reinheit und organisierter Vorbereitung beim Aufbau des Reiches Gottes. In einer Zeit der Unruhe, in der einige abfielen und andere festhielten, offenbarte der Herr klare Anweisungen und erneuerte Verheißungen. Diese Offenbarung ruft uns heute auf, ebenfalls wachsame, reine und opferbereite Erbauer Zions zu sein – in Erwartung des kommenden Herrn. Der Tag des Herrn wird kommen, und wer ihm treu bleibt, wird in der Herrlichkeit stehen.
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