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Insoweit ihr einander eure Verfehlungen vergeben habt

  • Autorenbild: manfred.lobstein
    manfred.lobstein
  • 23. Juli
  • 5 Min. Lesezeit
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(Bild: Quelle)


“Wahrlich, wahrlich, ich sage euch, meine Diener: Insoweit ihr einander eure Verfehlungen vergeben habt, so vergebe ich, der Herr, euch auch.” (Lehre und Bündnisse 82:1). 


Lehre und Bündnisse 82 – Historischer Kontext und geistliche Lehren 


Die Offenbarung in Lehre und Bündnisse 82 wurde am 26. April 1832 in Independence, Missouri, empfangen. Sie steht in einem engen Zusammenhang mit den vorangegangenen Ereignissen um die Gründung der Vereinigten Ordnung (auch als „United Firm“ bezeichnet) und spiegelt sowohl die organisatorischen als auch die geistlichen Herausforderungen der frühen Kirche wider. Der Abschnitt ist ein bedeutender Wendepunkt in der Entwicklung der Kirchenstruktur und zeigt, wie Joseph Smith und seine Mitstreiter bemüht waren, die Grundsätze des Reiches Gottes nicht nur in geistlichen, sondern auch in wirtschaftlichen Belangen umzusetzen. 


Im März 1832 wurde in einer vorhergehenden Offenbarung (Lehre und Bündnisse 78) Joseph Smith gemeinsam mit Sidney Rigdon und Newel K. Whitney beauftragt, nach Missouri zu reisen, um sich dort mit Bischof Edward Partridge und anderen Priestertumsführern zu beraten. Der Zweck dieser Reise bestand darin, die wirtschaftlichen Angelegenheiten der Kirche in Missouri und Ohio zu koordinieren, insbesondere im Hinblick auf die Verwaltung von Besitz, Hilfsmitteln für die Armen und die Herausgabe von Schriften. Es ging also um nichts weniger als den Aufbau Zions durch wirtschaftliche Zusammenarbeit im Geiste der Weihe. 


Die Reise selbst war beschwerlich und gefährlich. Aufgrund der feindseligen Stimmung in Kirtland mussten Joseph und seine Gefährten Umwege nehmen, um nicht von Mobbern angegriffen zu werden. Dennoch gelang es ihnen, sicher in Independence einzutreffen, wo sie von den dortigen Heiligen freudig empfangen wurden. Am 26. April fand ein allgemeiner Kirchenrat statt, bei dem Joseph Smith offiziell als Präsident des Hohen Priestertums anerkannt wurde – ein Amt, das er zuvor am 25. Januar 1832 in Amherst, Ohio, empfangen hatte. Edward Partridge, der als Bischof für die Heiligen in Missouri diente, reichte Joseph symbolisch die rechte Hand der Gemeinschaft. 

Die Ereignisse dieses Tages waren von großer Bedeutung, nicht nur organisatorisch, sondern auch spirituell. Zwischen Sidney Rigdon und Edward Partridge hatte es über mehrere Monate hinweg Spannungen gegeben, ausgelöst durch Missverständnisse und persönliche Verletzungen während einer früheren Missouri-Reise 1831. Diese Differenzen wurden am Vormittag des 26. April beigelegt, was als eine Voraussetzung für den geistigen Fortschritt der Gruppe betrachtet wurde. Joseph Smith berichtet in seiner Geschichte, dass die Herzen aller Anwesenden am Nachmittag von Freude erfüllt waren – eine Stimmung, die das Empfangen einer Offenbarung begünstigte. In diesem heiligen Moment wurde Lehre und Bündnisse 82 offenbart. 


Der Herr beginnt in Vers 1 mit einem ernsten, aber hoffnungsvollen Ton: „Wahrlich, wahrlich, ich sage euch: Ich erlasse euch eure Sünden, wenn ihr einander eure Sünden erlasset; denn wahrlich, ich sage euch: Ihr seid nicht gerechtfertigt.“ Die Offenbarung knüpft hier direkt an die gerade erfolgte Versöhnung zwischen Rigdon und Partridge an. Das Prinzip der gegenseitigen Vergebung wird zur geistlichen Grundlage für das wirtschaftliche Bündnis, das nun folgen soll. Die Führer der Kirche sollen einander nicht nur vertrauen, sondern sich in echter brüderlicher Liebe verbunden fühlen – eine Voraussetzung für das Funktionieren jeder geweihten Gemeinschaft. 


Im weiteren Verlauf der Offenbarung ruft der Herr die Mitglieder der Vereinigten Ordnung zu einem förmlichen Bund auf. Dieser soll die Verwaltung kirchlicher Güter in Zion (Missouri) und Kirtland (Ohio) unter einheitliche Leitung stellen. In Vers 11 wird dieser organisatorische Schritt deutlich (hier nicht wörtlich, sondern sinngemäß zitiert): „Und ich nenne euch, selbst Neuel K. Whitney, Sidney Gilbert und andere, deren Namen genannt werden sollen, um die Angelegenheiten der Armen meiner Kirche zu verwalten.“ Dies ist die Geburtsstunde der sogenannten „United Firm“, einer wirtschaftlichen Körperschaft, die die literarischen, kaufmännischen und wohltätigen Aktivitäten der Kirche zentral koordinieren sollte. Sie verband die Lagerhäuser in Missouri und Ohio sowie die Druckerei und Buchhandlungen, die für die Herausgabe von Offenbarungen, Zeitungen und Gesangbüchern zuständig waren. 


Die Vereinigte Ordnung war jedoch keine bloße Firma im weltlichen Sinn, sondern ein Bündnis unter Bundesverpflichtung. In Vers 10 formuliert der Herr eine ernste Mahnung: „Ich, der Herr, bin verpflichtet, wenn ihr tut, was ich sage; tut ihr aber nicht, was ich sage, so habt ihr keine Verheißung.“ Diese Formel wurde zu einem Grundsatz göttlicher Verwaltung: Gott ist zuverlässig und bindet sich an seine Verheißungen – aber nur, wenn seine Kinder ihrerseits treu sind. Der Bruch dieses Bundes würde nicht folgenlos bleiben. Die Warnung vor den Konsequenzen für Bundesbruch (Verse 21–23) bildet einen ernsten Hintergrund für den weiteren Verlauf der Geschichte. 


Ein zentrales Motiv dieser Offenbarung ist das Prinzip des Wachstums durch Hingabe: „Jeder Mensch soll sein Talent verbessern, dass ein jeder andere Talente gewinne, ja, sogar hundertfältige, um in des Herrn Vorratshaus geworfen zu werden, damit sie zum Gemeingut der ganzen Kirche wird“ (sinngemäß nach Vers 18). Der Begriff „Talent“ erinnert an das Gleichnis von den anvertrauten Talenten Silbergeld in Matthäus 25 und ist mehrdeutig: Er bezeichnet sowohl natürliche Gaben als auch wirtschaftliche Ressourcen. Die Kirche soll als ein organisches Ganzes wachsen, indem die Mitglieder ihre Gaben investieren – nicht zum Eigengewinn, sondern zum Aufbau Zions. 


Der unmittelbare praktische Effekt dieser Offenbarung war die formelle Gründung der „United Firm“, die am folgenden Tag, dem 27. April 1832, in Missouri weiter konkretisiert wurde. Die Mitglieder beschlossen, dass die Organisation unter zwei offiziellen Firmennamen operieren solle: „Gilbert, Whitney & Company“ in Zion (Missouri) und „Newel K. Whitney & Company“ in Kirtland (Ohio). Die Firma verwaltete Güter, betrieb Handel, gab Schriften heraus und unterstützte Bedürftige. 

Trotz dieses hoffnungsvollen Anfangs hatte die Vereinigte Ordnung mit großen Herausforderungen zu kämpfen. Die politischen und sozialen Spannungen in Missouri kulminierten 1833 in Gewalt: Der Mob in Independence zerstörte die Druckerei, verjagte die Heiligen und beendete vorläufig die Tätigkeit der Firma vor Ort. In Ohio wiederum führten Schulden, mangelnde Zahlungsmoral der Mitglieder und wirtschaftliche Rückschläge zu ständigen Schwierigkeiten. 1834, nur zwei Jahre später, wurde die Vereinigte Ordnung in Lehre und Bündnisse 104 offiziell aufgelöst. Der Herr erklärte, dass einige Mitglieder den heiligen Bund von Abschnitt 82 gebrochen hatten – ein schweres geistliches Vergehen. 


Im Nachgang zur Offenbarung traten auch persönliche Konflikte erneut zutage. Sidney Rigdon, zunächst versöhnt, fiel nach seiner Rückkehr nach Ohio wieder in eine Phase der geistigen Krise. Er behauptete öffentlich, Gott habe die Gemeinde verworfen – Aussagen, die Joseph Smith öffentlich zurückwies. Doch Rigdon erkannte schließlich seinen Fehler, bat um Vergebung und wurde am 28. Juli 1832 in seiner Berufung bestätigt. Die Ereignisse zeugen davon, wie eng geistliches Wachstum, persönliche Reifung und gemeinschaftliche Treue miteinander verknüpft sind. 


Lehre und Bündnisse 82 ist daher nicht nur eine organisatorische, sondern zutiefst geistliche Offenbarung. Sie fordert uns auf, nicht nur Besitz, sondern Vertrauen, Vergebung und gegenseitige Verantwortung zu teilen. Sie zeigt die Voraussetzungen und Gefahren heiliger Bündnisse und bleibt ein bleibendes Zeugnis dafür, wie der Herr seine Kirche leitet – durch Gebote, aber auch durch Barmherzigkeit. 


 
 
 

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