Weil in der Herberge kein Raum für sie war
- manfred.lobstein

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(Bild: Quelle)
„und sie gebar ihren Sohn, den Erstgeborenen. Sie wickelte ihn in Windeln und legte ihn in eine Krippe, weil in der Herberge kein Platz für sie war.“ (Lukas 2:7).
Der 23. Dezember liegt zwischen dem kürzesten Tag des Jahres und der Heiligen Nacht. Es ist ein Tag der Vorbereitung, des Innehaltens, ein leiser Übergang zwischen Dunkelheit und Licht. Die Welt eilt den letzten Erledigungen nach, während in der Stille des Herzens etwas Größeres geschehen kann: die Einladung, Raum für Christus zu schaffen.
Der Prophet Jesaja rief seinem Volk zu: „In der Wüste bahnt den Weg des HERRN, ebnet in der Steppe eine Straße / für unseren Gott!“ Diese Aufforderung hallte durch die Jahrhunderte, bis sie im Mund Johannes des Täufers erneut erklang. Auch für uns gilt sie: Wir sollen die Wege in unserem Inneren glätten, Hindernisse ausräumen, damit der Herr eintreten kann.
Das Bild vom „Raum bereiten“ beschreibt nicht nur äußere Taten – es meint eine Herzenshaltung. In Lehre und Bündnisse 88:68 wird uns gesagt: „Darum heiligt euch, damit euer Sinn nur auf Gott gerichtet sei, dann werden die Tage kommen, da ihr ihn sehen werdet.“
Sich zu heiligen bedeutet, Gott den Vorrang zu geben. Es heißt, den Lärm der Welt zu dämpfen, um die leise Stimme des Geistes zu hören. Gerade die Tage vor Weihnachten laden dazu ein, diesen Raum bewusst zu schaffen – nicht nur im Kalender, sondern in der Seele.
Wenn wir uns fragen: „Wie kann ich ihm Raum bereiten?“, finden wir die Antwort oft nicht in großen Gesten, sondern in schlichten Handlungen der Liebe. Der Herr lehrt: „Darum werdet nicht müde, Gutes zu tun, denn ihr legt die Grundlage für ein großes Werk. Und aus etwas Kleinem geht das Große hervor.“ (LuB 64:33).
Es sind die kleinen Dinge, die Christus in unser Leben einladen: ein Gebet, das ehrlich gesprochen wird; ein Wort der Versöhnung; die Entscheidung, in einem Moment der Ungeduld Milde zu zeigen. Solche Taten bereiten den Boden, auf dem der Geist des Herrn wohnen kann.
Maria, die Mutter Jesu, ist das vollkommenste Beispiel für diese Haltung. Als der Engel zu ihr sprach, antwortete sie: „Siehe, ich bin die Magd des Herrn; mir geschehe nach deinem Wort.“ (Lukas 1:38) – Das ist das Herz, das Raum schafft. Kein Widerstand, kein Stolz, nur Hingabe und Vertrauen. Auch Josef, der „gerecht“ genannt wurde, tat, was der Engel ihm gebot, ohne zu zögern. Beide zeigen uns, dass Vorbereitung bedeutet, Gehorsam und Demut miteinander zu verbinden.
Nephi im Buch Mormon verkörpert denselben Geist, als er sprach: „Ich will hingehen und das tun, was der Herr geboten hat.“ (1 Nephi 3:7) Dieses „Hingehen“ ist das Muster wahrer Nachfolge. Der Herr bereitet in uns den Weg, wenn wir bereit sind, den ersten Schritt zu tun.
Doch dieser innere Weg ist nicht immer frei von Hindernissen. Dunkelheit, Zweifel und Schuld können uns davon abhalten, das Licht zu empfangen. Darum ruft uns Alma auf, unser Herz zu prüfen: „Habt ihr sein Bild in eurem Angesicht empfangen? Habt ihr diese mächtige Veränderung in eurem Herzen gespürt?“ (Alma 5:14)
Diese Veränderung geschieht, wenn wir dem Erlöser gestatten, unsere Gedanken zu lenken, unsere Prioritäten zu formen und unsere Absichten zu reinigen. Dann wird aus bloßer Vorbereitung echte Umkehr.
In dieser Umkehr liegt Freude. Der Heiland selbst lehrte: „Kommt alle zu mir, die ihr mühselig und beladen seid! Ich will euch erquicken.“ (Matthäus 11:28) Raum für ihn zu bereiten heißt also, das Herz zu öffnen, damit er die Lasten tragen kann, die wir allein nicht tragen können.
Joseph Smith schrieb in einem Brief an die Heiligen Nauvoos, dass das „Herz des wahren Christen“ immer ein Altar sein solle, auf dem Dank und Liebe Gott dargebracht werden. Wenn wir diesen Altar täglich erneuern, wird unser Leben selbst zur Stätte der Anbetung.
Vor seiner Geburt fand Christus keinen Platz in der Herberge (Lukas 2:7). Diese Szene erinnert uns daran, dass der Herr heute nicht in prächtigen Häusern oder äußeren Feierlichkeiten Einlass sucht, sondern in den stillen Kammern der Herzen. Jede aufrichtige Tat der Liebe ist wie ein offenes Tor, durch das er eintreten kann.
Auch im modernen Leben gibt es viele „Herbergen“, die voll sind: unsere Kalender, Gedanken, Sorgen, Geräte, Stimmen. Der Geist des Herrn drängt sich nicht auf. Er wartet. Bereiten wir ihm also einen Ort, der ruhig und rein ist – vielleicht im stillen Gebet, im Lesen seiner Worte oder in der bewussten Entscheidung, für einen Moment alle Ablenkungen beiseitezulegen.
Das Werk des Herrn verlangt Vertrauen und Ausdauer. In Lehre und Bündnisse 123:17 werden wir daran erinnert: „Darum, vielgeliebte Brüder, lasst uns frohgemut alles tun, was in unserer Macht liegt, und dann mögen wir mit größter Zuversicht ruhig stehen, um die Errettung Gottes zu sehen und dass sein Arm offenbar werde.“ So ist die Vorbereitung nicht passiv, sondern ein aktives Vertrauen – ein tägliches „Ja“ zu seinem Willen.
Wenn wir auf Weihnachten zugehen, können wir uns fragen: Welche Herberge in mir ist noch zu voll? – Gibt es Gedanken, die den Herrn fernhalten? Bitterkeit, Stolz oder Furcht? Diese können wir ihm hinlegen, im Wissen, dass er sie in Frieden verwandeln kann.
Die Engel verkündeten: „Ehre sei Gott in der Höhe, und Friede auf Erden unter den Menschen seines Wohlgefallens.“ (Lukas 2:14) – Frieden kommt, wenn Gott Ehre erhält. Und Gott Ehre zu geben bedeutet, ihn in das Zentrum unseres Lebens zu setzen.
Wer ihm Raum bereitet, findet Licht inmitten der Nacht. Dieses Licht beginnt leise – wie in Bethlehem –, doch es wächst, bis es unser ganzes Sein erfüllt. Wenn wir zulassen, dass Christus in uns geboren wird, wird jede Dunkelheit in unserem Inneren von seinem Glanz erhellt.
So wird der 23. Dezember, der scheinbar unscheinbare Tag vor dem Fest, zu einer heiligen Schwelle. An ihm können wir sagen: „Herr, hier ist Raum in meinem Herzen. Komm und bleibe bei mir.“
Und der Herr antwortet durch den Geist, wie in Lehre und Bündnisse 88:63: „naht euch mir, und ich werde mich euch nahen; sucht mich eifrig, dann werdet ihr mich finden; bittet, und ihr werdet empfangen; klopfet an, und es wird euch aufgetan werden.“
Schlussgedanke: Wenn wir Christus Raum bereiten – in Gedanken, in Worten, in Taten – wird er uns mit seinem Frieden erfüllen. Er bringt Ordnung, wo Chaos war; Licht, wo Dunkel herrschte; und Hoffnung, wo Angst stand. So bereiten wir nicht nur die Feier seiner Geburt, sondern das Kommen seines Reiches in uns selbst vor.



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