Als Treuhänder über irdische Segnungen
- manfred.lobstein
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(Bild: Quelle)
“Denn es ist ratsam, dass ich, der Herr, einen jeden rechenschaftspflichtig mache, als Treuhänder über irdische Segnungen, die ich für meine Geschöpfe gemacht und bereitet habe.” (Lehre und Bündnisse 104:13).
Lehre und Bündnisse 104:1–86 – Historischer Kontext und Vers-für-Vers-Betrachtung
Einleitung
Die Offenbarung, die heute als L&B 104 bekannt ist, wurde am 23. April 1834 in Kirtland, Ohio, gegeben. Zu dieser Zeit befand sich die Kirche Jesu Christi in einer schwierigen wirtschaftlichen Lage. Die United Firm, ein Zusammenschluss von führenden Mitgliedern, war gegründet worden, um die zeitlichen Belange der Kirche – besonders die Finanzierung des Drucks von Schriften, den Erwerb von Land, den Bau des Tempels und die Unterstützung der Armen – zu verwalten. Doch hohe Schulden, Misswirtschaft, Verfolgung und innere Spannungen machten eine Neuordnung notwendig.
Diese Offenbarung gibt klare göttliche Richtlinien: Sie ordnet die Auflösung der United Firm an, verteilt die Verantwortung auf einzelne Treuhänderschaften und legt dabei bleibende Grundsätze der Weihe, Verwaltung und Fürsorge für die Armen fest. Sie ist daher nicht nur ein Dokument für eine wirtschaftliche Krise von 1834, sondern auch eine ewige Lehre für den Umgang mit Besitz, Verantwortung und Gerechtigkeit.
Verse 1–10: Zurechtweisung und Einladung zur Umkehr
Der Herr beginnt, indem er die Brüder der United Firm tadelt: Manche hatten ihre Verpflichtungen nicht eingehalten, andere hatten Heuchelei oder Nachlässigkeit gezeigt. Der Herr erinnert sie daran, dass er „nicht verspottet“ werden kann – eine klare Anspielung auf Galater 6:7: „Irret euch nicht! Gott lässt sich nicht spotten.“
Hier wird deutlich: Das Bundesverhältnis mit Gott ist real. Wenn Menschen sich verpflichten, Besitz oder Arbeitskraft zu weihen, ist das ein heiliger Akt. Nachlässigkeit bedeutet, einen Bund zu brechen. Dennoch ist die Botschaft nicht nur Gericht, sondern auch Hoffnung: Der Herr ruft zur Umkehr auf (V. 10).
Lehre für heute: Auch wir sind eingeladen, ehrlich mit Gott zu sein, in Zehnten, Spenden und im Dienst. Die Mahnung gilt jedem, sich nicht im Glauben halbherzig zu verhalten.
Verse 11–18: Das Gesetz der Weihe und die Armen
In diesen Versen erklärt der Herr, warum es eine Weiheordnung gibt: Alles gehört ihm. Wir sind nur Verwalter, und Besitz ist eine Treuhänderschaft. „Die Armen sollen erhöht werden, indem die Reichen erniedrigt werden“ (V. 16). Das bedeutet nicht, dass die Reichen arm werden sollen, sondern dass in Zion alle Unterschiede verschwinden, sodass kein Mangel mehr herrscht.
Der Herr betont: „Die Erde ist voll, und es ist genug da, ja, mehr als genug“ (V. 17). Armut ist also nicht Gottes Wille, sondern entsteht durch Ungleichverteilung und Selbstsucht.
Querverweise:
Mose 7:18 – In Zion gab es „keine Armen unter ihnen“.
Mosia 4:16–19 – König Benjamin ruft dazu auf, die Armen nicht abzuweisen, da wir selbst Bettler vor Gott sind.
Lukas 16:19–31 – Der reiche Mann wird verurteilt, weil er Lazarus hungern ließ.
Anwendung: Heute zeigt sich dieses Prinzip im Zehnten und Fastopfer, das weltweit Bedürftige unterstützt. Wir leben den Geist der Weihe, wenn wir Überfluss teilen und nicht horten.
Verse 19–46: Persönliche Treuhänderschaften
Die United Firm wird aufgelöst und die Verantwortung auf einzelne Treuhänder verteilt. Jeder erhält eine klare Aufgabe: Joseph Smith, Sidney Rigdon, Oliver Cowdery und andere erhalten bestimmte zeitliche Zuständigkeiten.
Dies verdeutlicht ein geistliches Prinzip: Besitz ist ein Prüfungsfeld. Der Herr sagt, dass er den Treuen „mehren“ wird (V. 23, 25, 31). Wer aber in kleinen Dingen untreu ist, wird größere Segnungen verlieren (vgl. Lukas 16:10).
Querverweise:
Matthäus 25:14–30 – Gleichnis von den Talenten: Der Herr prüft, ob seine Diener mit anvertrautem Gut treu umgehen.
Alma 7:17–18 – zeigt, das Gefühl eines Treuhänders, dessen Pflicht erfüllt ist – Freude statt Kummer.
Lehre für heute: Unsere Zeit, Talente und Mittel sind uns „anvertraut“. Die Frage ist nicht, wie viel wir besitzen, sondern wie treu wir damit umgehen.
Verse 47–53: Aufteilung in Ohio- und Missouri-Zweig
Der Herr ordnet an, die Lasten auf zwei Bereiche aufzuteilen – Ohio und Missouri. Damit sollten regionale Bedürfnisse besser verwaltet werden.
Dies erinnert an die Organisation in der Urkirche: Paulus sammelte Spenden in verschiedenen Gemeinden, um die Armen in Jerusalem zu unterstützen (1. Korinther 16:1–3). Auch hier wird deutlich: Wirtschaftliche Ordnung ist nicht nebensächlich, sondern ein geistlicher Auftrag.
Verse 54–66: Schatzkammern für Schriften und Verwaltung
Der Herr gebietet die Einrichtung zweier Schatzkammern:
Eine zur Finanzierung des Drucks der Schriften.
Eine zweite für Verwaltungserträge.
Das Ziel ist klar: „die Schriften verbreiten und die Kirche aufbauen“ (V. 58–59). Schon in dieser Zeit stand das Druckwesen im Zentrum des Werkes. Ohne den Druck des Buches Mormon und später anderer Schriften hätte das Evangelium nicht weit verbreitet werden können.
Querverweise:
2. Nephi 3:12 – Die Schriften (Bibel und Buch Mormon) sollen zusammenwachsen.
Apostelgeschichte 4:34–35 – Besitz wird an die Apostel gegeben, die ihn im Sinne des Reiches verwalten.
Lehre für heute: Missionarische Arbeit hängt bis heute von Medien, Übersetzungen und Publikationen ab. Unser Opfer dient auch der weltweiten Verkündigung.
Verse 67–77: Verwaltung des Vorratsschatzes
Der Herr gebietet, dass alles „nach dem Rat der Kirche“ geschehen soll (V. 71). Selbst finanzielle Entscheidungen sind also heilige Akte, die im Namen Christi getroffen werden müssen (V. 77).
Querverweise:
1. Korinther 14:40 – „Alles geschehe anständig und in Ordnung.“
Alma 1:27 – Die Heiligen verwalten Besitz, damit jeder genug hat.
Anwendung: Hier wird sichtbar, dass Finanzen geistlich sind. Auch heute verwaltet die Kirche Spenden mit größter Sorgfalt und Transparenz, um sicherzustellen, dass alles „zum Aufbau Zions“ dient.
Verse 78–86: Schulden und Befreiung
Zum Schluss spricht der Herr über Schulden. Er bezeichnet sie als „Knechtschaft“ (V. 80). Befreiung von Schulden erfordert Fleiß, kluge Verwaltung und Vertrauen auf den Herrn. Er verheißt, dass die Treuen aus unmittelbaren Gefahren befreit werden (V. 86).
Querverweise:
Sprüche 22:7 – „Der Schuldner ist des Gläubigers Knecht.“
Mosia 2:41 – Wer Gottes Gebote hält, wird sowohl zeitlich als auch geistlich gesegnet.
Lehre für heute: Wir werden eingeladen, Schulden zu vermeiden, im Rahmen unserer Möglichkeiten zu leben und Gott als Quelle unseres Wohlstandes zu erkennen. Finanzielle Freiheit ist ein geistlicher Segen.
Zusammenfassung der Hauptlehren
Alles gehört Gott – wir sind nur Verwalter (Psalm 24:1).
Zion kennt keine Armut – Besitz soll Unterschiede ausgleichen (Mose 7:18).
Treuhänderschaft bedeutet Rechenschaft – Gleichnis der Talente (Matthäus 25).
Ordnung ist göttlich – wirtschaftliche Strukturen sind Teil des Evangeliums (1. Korinther 14:40).
Schriften verbreiten ist zentral – das Werk wächst durch die Verbreitung des Wortes (2. Nephi 3:12).
Schulden sind Knechtschaft – geistliche Freiheit kommt durch kluge Verwaltung (Sprüche 22:7).
Schlussgedanke
L&B 104 ist mehr als eine organisatorische Richtlinie für das Jahr 1834. Sie offenbart ein ewiges Muster: Gott prüft uns durch Besitz, fordert Ordnung und Gerechtigkeit, und lädt uns ein, unsere Mittel für die Armen und für die Ausbreitung seines Reiches einzusetzen.
Wenn wir heute Zehnten zahlen, Fastopfer geben, Schulden vermeiden und treu mit unseren Mitteln umgehen, leben wir denselben Geist, den der Herr in dieser Offenbarung lehrt. So bereiten wir uns vor, Teil eines Zion zu sein, in dem es wirklich „keine Armen unter ihnen“ gibt.
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