Damit die Sammlung im Land Zion und in seinen Pfählen Schutz bewirke
- manfred.lobstein
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Das Haus des Herrn
(Bild: Quelle)
“und damit die Sammlung im Land Zion und in seinen Pfählen Schutz bewirke und eine Zuflucht sei vor dem Sturm und vor dem Grimm, wenn diese unvermischt über die ganze Erde ausgegossen werden.” (Lehre und Bündnisse 115:6).
Lehre und Bündnisse 115:1-19 – Historischer Kontext und geistliche Lehren
Die Offenbarung, die in L&B 115 enthalten ist, wurde am 26. April 1838 in Far West, Missouri, empfangen. Sie fällt in eine besonders bewegte Zeit der Kirchengeschichte: Nach den Turbulenzen in Kirtland und den zunehmenden Spannungen in Missouri zogen viele Heilige nach Caldwell County, wo Far West zum neuen Zentrum der Kirche wurde. Inmitten dieser Umstände offenbarte der Herr seinem Propheten Joseph Smith eine Reihe von Weisungen, die den Namen der Kirche festlegten, den Bau eines Tempels ankündigten und die Bedeutung Zions sowie der Pfähle für die Sicherheit der Gläubigen betonten. Die Verse enthalten damit grundlegende Lehren, die bis in die Gegenwart hineinwirken.
Der Name der Kirche
Eine der bekanntesten und folgenreichsten Aussagen dieser Offenbarung findet sich in den Versen 3–4: „Denn so soll meine Kirche in den letzten Tagen genannt werden, nämlich Die Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage.“ Damit wurde endgültig klargestellt, wie die Kirche heißen sollte. Zuvor hatte man verschiedene Bezeichnungen verwendet, unter anderem „The Church of the Latter-day Saints“, was den Namen Christi nicht enthielt. Diese Formulierung führte zu Kritik von außen und zu Unklarheiten innerhalb der Kirche. Mit der Offenbarung von 1838 wurde der Name unmissverständlich festgelegt: Die Kirche gehört Christus, sie ist seine Kirche, und sie wird von Heiligen der letzten Tage gebildet, die ihm nachfolgen.
Die Bedeutung dieser Namensgebung ist nicht nur historisch, sondern auch theologisch zentral. Präsident Russell M. Nelson betonte in einer Generalkonferenz 2018, dass es sich hierbei nicht um eine Namensänderung aus Imagegründen handle, sondern um ein göttliches Gebot. „Der Name der Kirche ist nicht verhandelbar“, erklärte er, „denn der Herr selbst hat ihn bestimmt.“ Der vollständige Name macht deutlich, dass Christus im Zentrum steht. Er unterstreicht auch, dass die Mitglieder nicht einfach eine religiöse Gemeinschaft sind, sondern Heilige, die in den letzten Tagen nach dem Muster des frühen Christentums leben. Damit hat diese Offenbarung bis heute unmittelbare Relevanz: Sie schützt vor Verwässerung des Zeugnisses von Christus und stärkt die Identität der Kirche.
Zion und die Pfähle als Schutz
Ein weiterer wichtiger Teil der Offenbarung betrifft die Rolle Zions und seiner Pfähle. In den Versen 5–6 heißt es, Zion solle „ein Banner für die Nationen“ sein und „eine Zuflucht vor dem Sturm“. Hier wird ein Bild entfaltet, das in den letzten Jahrhunderten immer wieder von den Propheten aufgegriffen wurde: Die Pfähle Zions sind Orte der Sicherheit, wo die Heiligen geistigen Schutz finden, gestärkt und gesammelt werden.
Historisch war diese Aussage in Missouri von unmittelbarer Relevanz. Die Heiligen litten unter Gewalt, Anfeindungen und staatlichem Druck. Die Verheißung, dass ihre Städte und Pfähle ein Zufluchtsort sein sollten, war Ausdruck der göttlichen Fürsorge. In heutiger Zeit erfüllt sich diese Verheißung in weltweiter Dimension. Präsident Nelson hat wiederholt betont, dass die Pfähle der Kirche nicht nur organisatorische Einheiten sind, sondern geistliche Schutzräume, weil sie vom Priestertum geleitet werden. Sie geben Orientierung, helfen im Glauben zu bleiben und bieten Halt in einer Welt, die von moralischem Relativismus und geistigen Stürmen geprägt ist. Besonders die Tempel, die in den Pfählen errichtet werden, sind zu wahren Zufluchtsorten geworden. Sie sind Orte, an denen Heilige Bündnisse schließen und die Gegenwart des Herrn erfahren können – ein Schutz, der keine politische oder militärische Macht gewähren könnte (beispielhaft siehe hier).
Der Bau des Tempels in Far West
In den Versen 7–8 wird Far West als „heilige und geheiligte Stadt“ bezeichnet, in der ein Haus des Herrn errichtet werden sollte. Am 4. Juli 1838 wurden die Grundsteine für den Tempel gelegt, ein Akt, der bewusst mit dem Jahrestag der Unabhängigkeitserklärung verbunden wurde. Damit verbanden die Heiligen ihren Glauben an göttliche Führung mit den Idealen von Freiheit und Selbstbestimmung. Der Beginn des Tempelbaus sollte ein Zeichen für die Beständigkeit der Heiligen und für ihre Berufung als Volk Gottes sein.
Doch der Tempel in Far West wurde nie fertiggestellt. Schon bald nach der Grundsteinlegung eskalierte die Lage in Missouri. Feindseligkeiten, politische Konflikte und auch Fehlentscheidungen innerhalb der Kirche führten zu wachsender Gewalt. Die sogenannte „Salt Sermon“ (Salz-Predigt) von Sidney Rigdon und das Auftreten der Daniten verschärften die Spannungen, bis die Heiligen schließlich vertrieben wurden. Nur die ersten Mauern und Fundamentreste des geplanten Tempels wurden errichtet, bevor das Projekt aufgegeben werden musste.
Trotzdem bleibt der Tempel von Far West ein bedeutungsvolles Symbol. Die Grundsteine sind bis heute sichtbar, und die Erinnerung daran erinnert die Kirche daran, dass Gottes Pläne nicht immer sofort erfüllt werden. Manche Verheißungen warten auf eine ferne Zukunft. Viele Heilige betrachten Far West weiterhin als heiligen Ort, auch wenn dort kein fertiger Tempel steht. Die Tatsache, dass die Kirche in der Folge weitere Tempel in Nauvoo und an vielen Orten der Welt bauen konnte, zeigt, dass die Verheißung des Herrn nicht aufgehoben, sondern nur verschoben wurde. Der Auftrag, Häuser des Herrn zu errichten, hat seit Far West eine weltweite Dimension angenommen.
Schulden und göttliches Muster
Ein bemerkenswerter Teil der Offenbarung betrifft die Warnung vor finanziellen Schulden (Verse 13–16). Die Heiligen sollten den Tempel „nach dem Muster“ errichten, das dem Ersten Präsidium gezeigt würde, und sich dabei nicht in Verschuldung stürzen. Diese Lektion war eine direkte Reaktion auf die Erfahrungen in Kirtland, wo der Tempelbau zwar vollendet wurde, aber wirtschaftliche Schwierigkeiten und Spekulation viele Mitglieder in den Ruin trieben. Die Warnung aus L&B 115 betont eine bleibende Lehre: Gottes Werk soll im Glauben und mit Klugheit vorangetrieben werden, nicht durch unbedachtes Schuldenmachen. Diese Mahnung gilt auch heute, nicht nur für große kirchliche Projekte, sondern auch im persönlichen Leben der Mitglieder.
Joseph Smith und die Schlüssel des Reiches
In Vers 19 heißt es: „Denn ihm habe ich die Schlüssel dieses Reiches und dieses Werkes gegeben.“ Damit wird Joseph Smiths einzigartige Rolle unterstrichen. Ihm waren die Schlüssel des Priestertums übergeben worden, durch die er die Kirche organisieren, Pfähle errichten und die göttliche Ordnung auf Erden aufbauen konnte. Diese Schlüssel halten ebenso die Zwölf Apostel und sind bis heute in der Kirche wirksam, und sie sollen auch nie mehr von ihr genommen werden (siehe L&B 13:1). Sie sind die Garantie, dass die Kirche Christi nicht einfach ein menschliches Werk ist, sondern auf göttlicher Vollmacht beruht.
Diese Betonung der Schlüssel ist für das Verständnis von L&B 115 zentral. Der Bau von Tempeln, die Organisation von Pfählen und die Festlegung des Namens der Kirche sind nicht bloß organisatorische Fragen, sondern Akte, die in der Autorität des Priestertums geschehen. Sie machen sichtbar, dass Christus seine Kirche durch Propheten lenkt.
Heutige Anwendung und Erfüllung
Welche Bedeutung hat L&B 115 heute? Zunächst erinnert die Offenbarung daran, dass die Kirche ihren Namen und damit ihr Zeugnis von Christus klar und mutig tragen muss. In einer Zeit, in der Abkürzungen oder alternative Bezeichnungen bequem erscheinen, ist es ein Glaubensbekenntnis, die Kirche immer beim vollständigen Namen zu nennen. Präsident Nelson hat dies als Zeichen der Treue gegenüber dem Herrn beschrieben (siehe auch hier).
Zweitens zeigt die Offenbarung, dass die Pfähle Zions in aller Welt Schutz und Zuflucht bieten. Heute gibt es Hunderte von Pfählen auf allen Kontinenten. Sie sind Orte, an denen Mitglieder geistige Sicherheit finden, genau wie es der Herr in Missouri verheißen hat. Die Errichtung neuer Tempel in den Pfählen ist ein sichtbarer Ausdruck dieser Schutzfunktion.
Drittens ist der Tempel von Far West ein bleibendes Symbol für die Bereitschaft der Heiligen, Opfer zu bringen, selbst wenn sie die Erfüllung nicht sofort erleben. Der unfertige Bau erinnert daran, dass manche Verheißungen des Herrn erst in der Zukunft in Erfüllung gehen, aber niemals vergessen werden. Die Grundsteine in Far West sind Mahnung und Hoffnung zugleich.
Schließlich bekräftigt die Offenbarung die Schlüsselvollmacht Joseph Smiths. Diese Schlüssel sind heute beim lebenden Propheten und bei den Aposteln. Sie geben Gewissheit, dass die Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage nicht einfach eine Institution ist, sondern das Reich Gottes auf Erden, geführt durch göttliche Vollmacht.
Schlussgedanken
L&B 115 ist eine Offenbarung von tiefgreifender historischer und theologischer Bedeutung. Sie wurde in einer Zeit großer Unsicherheit gegeben, und doch enthält sie Verheißungen, die bis heute gültig sind: der Name der Kirche als Zeugnis von Christus, Zion und die Pfähle als Zufluchtsorte, der Auftrag zum Tempelbau und die Bestätigung der Schlüssel des Priestertums. Die Geschichte von Far West und die Erfahrungen der frühen Heiligen lehren uns, dass Gottes Pläne manchmal aufgeschoben, aber nie aufgehoben werden. In einer Welt voller Unsicherheiten lädt uns diese Offenbarung ein, uns in den Pfählen Zions zu sammeln, den Tempel als Zuflucht zu suchen und festzuhalten, dass Christus das Haupt seiner Kirche ist.
Willst du tiefer einsteigen lies gerne hier: “DC 115 Historical Background”
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