Dass sie ihn ... in ihrem Fleische sehen würden
- manfred.lobstein
- 7. Mai
- 5 Min. Lesezeit

Seine Jünger sehen den Auferstanden
(Bild Quelle)
“aber haben die Verheißung erhalten, dass sie ihn finden und ihn in ihrem Fleische sehen würden.” (Lehre und Bündnisse 45:14).
Dieser Vers bringt eine große Hoffnung und Verheißung zum Ausdruck, die über alle Zeiten hinweg gilt: Dass diejenigen, die trotz aller Schwierigkeiten und Bosheit auf Erden fest an Gottes Verheißungen glauben, nicht enttäuscht werden, sondern sie tatsächlich erfüllt sehen – in ihrem Leben, in ihrem Körper, in ihrer Wirklichkeit.
Für uns heute, die wir in einer Zeit zunehmender Unsicherheit, moralischer Verwirrung und geistiger Herausforderungen leben, erinnert dieser Vers daran:
dass es gerechtfertigt ist, Hoffnung zu haben, selbst wenn unsere Zeit von „Bosheit und Gräueln“ geprägt ist (Vers 12),
dass Gott seine Versprechen hält, auch wenn die Erfüllung auf sich warten lässt,
und dass Zion wirklich kommen wird – eine gereinigte, heilige Gesellschaft, vorbereitet für das zweite Kommen Christi.
Vers 14 verbindet also Glauben, Geduld und Verheißung auf eine Weise, die uns persönlich motiviert, dranzubleiben, auch wenn der Weg beschwerlich ist.
Dieser Vers spricht von Menschen, die inmitten einer bösen und verworfenen Welt lebten, aber dennoch nicht den Glauben verloren haben. Sie sahen sich selbst als „Fremdlinge und Pilger auf der Erde“ (vgl. Hebräer 11:13) – Menschen, die wussten, dass ihre wahre Heimat nicht in dieser Welt, sondern in Zion, in Gottes Reich liegt.
Auch wir leben in einer Zeit, in der viele die Hoffnung auf Gerechtigkeit, Wahrheit und Frieden verloren haben. Doch dieser Vers erinnert uns daran, dass Gott unsere Sehnsucht kennt. Wenn wir treu bleiben, werden auch wir sehen, wie sich seine Verheißungen erfüllen – nicht nur symbolisch, sondern ganz real, in unserem eigenen Leben.
Die Botschaft ist klar:
Bleibe geistlich wach, auch wenn die Welt schläft. Halte an der Verheißung fest, auch wenn sie noch nicht sichtbar ist. Gott hat Großes mit dir vor – in deinem Fleisch, in deiner Zeit.
In den Versen 11 bis 15 von L&B 45 verweist der Herr auf Henoch und seine Stadt Zion – eine Gemeinschaft, die aufgrund ihrer außerordentlichen Rechtschaffenheit von der Erde genommen und bei Gott aufgenommen wurde. Diese Stadt ist seitdem für einen zukünftigen „Tag der Gerechtigkeit“ aufbewahrt – ein Tag, den viele heilige Männer vergangener Zeitalter vergeblich suchten, da ihre eigene Zeit von Bosheit und Abscheulichkeit geprägt war. Dennoch erhielten sie die Verheißung, dass sie diesen Tag in ihrer eigenen leiblichen Auferstehung erleben würden. Der Herr spricht hier nicht nur zu seinen Zuhörern damals, sondern auch zu uns heute, indem er uns einlädt, auf seine Stimme zu hören und seine Weisheit anzunehmen, wie er es schon mit den Menschen „in alten Tagen“ tat.
Diese Verse entfalten sich vor dem Hintergrund einer bedeutenden Offenbarungsgeschichte: Nur drei Monate vor LuB 45 hatte Joseph Smith im Dezember 1830 durch Offenbarung die Geschichte von Henoch und seiner Stadt Zion in Mose 6–7 empfangen. Darin wird ein Bündnis beschrieben, das Gott mit Henoch geschlossen hatte: Er versprach, in den Letzten Tagen alle Nachkommen Noahs – also die gesamte Menschheit – durch eine „Überschwemmung mit Gerechtigkeit und Wahrheit“ (gemeint sind das Evangelium und seine heiligen Bündnisse und Handlungen) zu einem Volk auszuwählen und sie in einer neuen Stadt Zion auf Erden zu sammeln, um sie auf die Wiederkunft Christi vorzubereiten. Wenn der Herr dann wiederkommt, wird er die himmlische Stadt Henochs mitbringen, damit sie sich mit der irdischen Stadt Zion vereint. In D&C 84:100 wird dies bildhaft als das Herabkommen Zions von oben und das Hinaufkommen Zions von unten beschrieben – zwei Städte, die sich begegnen, wenn Christus seine Herrschaft auf Erden antritt.
Joseph Smith fühlte sich persönlich mit Henoch verbunden – so sehr, dass er später in Offenbarungen gelegentlich das Pseudonym „Henoch“ verwendete. Kurz nach der Offenbarung in L&B 45 wurde ihm dann auch befohlen, nach Missouri zu reisen, um den Standort der künftigen Stadt Zion zu bestimmen (L&B 52:1–2).
Der Hinweis auf Henoch in LuB 45:12–15 hat also eine tiefgreifende Bedeutung: Er aktiviert gewissermaßen den Henoch-Bund als gedanklichen Hintergrund für das, was der Herr in dieser Offenbarung weiter offenbart. Es ist eine Einladung an die Gläubigen, aktiv an der Erfüllung dieses Bundes mitzuwirken – durch das Leben nach den Prinzipien des Evangeliums, die Sammlung Israels und den Aufbau Zions in Vorbereitung auf die Wiederkunft Christi.
In den Versen 16 bis 23 von L&B 45 wechselt der Herr in eine besonders persönliche Perspektive: Er spricht als der auferstandene Christus und erinnert an ein früheres Gespräch mit seinen Jüngern, als er noch im Fleisch unter ihnen war – genauer gesagt an das Gespräch, das am Ölberg in der letzten Woche seines Lebens stattfand ( Matthäus 24, Markus 13, Lukas 21). Dort hatten die Jünger ihn gefragt, wann der Tempel zerstört werde und welche Zeichen seine Wiederkunft und das Ende der Welt begleiten würden. Diese sogenannte „Ölbergrede“ war eine bedeutende Prophezeiung über die Letzten Tage, die nun in L&B 45 durch göttliche Offenbarung erweitert und vertieft wird.
Der Herr erklärt hier, dass er ihnen – und uns – offenbaren möchte, wie das „Zeitalter der Erlösung“ eintreten wird: ein zukünftiger Tag, an dem er in Herrlichkeit vom Himmel kommen wird, um die Verheißungen zu erfüllen, die er den Vätern gegeben hat. Diese Verheißungen umfassen insbesondere die Sammlung Israels und die Wiederherstellung alles dessen, was in früheren Zeitaltern verloren gegangen ist. Die Wiederkunft Christi ist somit nicht nur ein dramatisches Weltereignis, sondern die Erfüllung uralter göttlicher Zusagen an Patriarchen wie Abraham, Henoch und Jakob – und an alle, die an Christus glauben.
Besonders bemerkenswert ist, dass Christus auch auf ein tiefes menschliches Empfinden eingeht: die Erfahrung der Trennung von Körper und Geist – den „langen Zustand der Gefangenschaft“, wie er es nennt (Vers 17). Er macht deutlich, dass seine Wiederkunft auch die große Befreiung und Wiedervereinigung sein wird: Die Erlösten werden wieder in ihrer vollen leiblichen Gestalt stehen, die Toten auferstehen, und das Reich Gottes auf Erden errichtet werden. Damit verknüpft sich die Wiederkunft Christi untrennbar mit der Auferstehung und dem Millennium, einer Ära des Friedens, der Gerechtigkeit und der vollkommenen Erfüllung göttlicher Verheißungen.
Diese Verse leiten somit die große, göttliche Perspektive ein, aus der der Herr im weiteren Verlauf von LuB 45 die Zeichen der Letzten Tage, den Ablauf der Wiederkunft und die Vorbereitung auf Zion ausführlich beschreibt. Sie erinnern uns daran, dass die Wiederkunft Christi kein isoliertes Ereignis ist, sondern die Krönung einer langen Heilsgeschichte, in der die Gläubigen aller Zeitalter – von Henoch über Abraham bis zu uns heute – miteinander verbunden sind.
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