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Freut euch immerdar, und gebt in allem Dank

  • Autorenbild: manfred.lobstein
    manfred.lobstein
  • vor 20 Minuten
  • 4 Min. Lesezeit
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(Bild: Quelle)


“Wahrlich, ich sage euch, meine Freunde: Fürchtet euch nicht, euer Herz sei getrost; ja, freut euch immerdar, und gebt in allem Dank;” (Lehre und Bündnisse 98:1). 


1. Historischer Hintergrund und Kontext von L&B 98 

Anfang August 1833 befand sich die Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage in einer kritischen Phase. In Jackson County, Missouri – dem von den Offenbarungen als „Ort für Zion“ bezeichneten Gebiet – hatten sich Spannungen zwischen den Mitgliedern der Kirche (den „Heiligen“) und den alteingesessenen Siedlern in den vergangenen Monaten deutlich verschärft. Die Ursachen waren vielfältig: religiöse Differenzen, kulturelle Gegensätze, wirtschaftliche Konkurrenz und insbesondere Fragen rund um die Sklaverei. Viele Heilige stammten aus Nordstaaten, wo abolitionistische Gedanken verbreiteter waren, und ihr schnelles Bevölkerungswachstum weckte bei den Einheimischen Sorgen um politischen und gesellschaftlichen Einfluss. 

Die Situation spitzte sich Ende Juli 1833 zu, als ein Mob das Büro der Kirchenzeitung Evening and Morning Star zerstörte, den Herausgeber W. W. Phelps bedrohte und führende Mitglieder wie Edward Partridge und Charles Allen teerte und federte. Die Gewalt zwang viele Heilige, ihre Häuser zu verlassen. Diese Ereignisse sollten Joseph Smith erst Wochen später durch Briefe erreichen – die Nachrichten reisten langsam von Missouri nach Kirtland, Ohio. 

Am 6. August 1833, noch bevor Joseph von diesen Vorfällen wusste, empfing er in Kirtland die Offenbarung, die später als Lehre und Bündnisse 98 kanonisiert wurde (scripturecentral.orgdoctrineandcovenantscentral.org). Sie bot Trost, rief zur Geduld auf und ermahnte zu einer friedvollen Haltung – Botschaften, die sich als erstaunlich passgenau für die bedrängten Gläubigen in Missouri erwiesen, obwohl Joseph das volle Ausmaß der Gewalt noch nicht kannte. 


2. Inhaltliche Hauptlinien der Offenbarung 

Die Offenbarung gliedert sich in mehrere Schwerpunkte, die im historischen Kontext besonders bemerkenswert sind: 

  • Ermutigung zur Freude in der Trübsal (Verse 1–3): Die Heiligen werden aufgefordert, „euch in allem zu freuen“, da ihre Leiden letztlich zu ihrem Besten dienen und in Herrlichkeit enden werden. 

  • Aufruf zur Rechtschaffenheit und zum Gehorsam gegenüber Gottes Gesetz (Verse 4–11): Die Heiligen sollen sich an die göttlichen Gesetze halten, die der Herr gegeben hat, um sie frei zu machen, und nicht an Menschengebote, die Knechtschaft bringen. 

  • Gebot zur Feindesliebe und Gewaltvermeidung (Verse 23–48): Sie sollen dreimalige Beleidigungen oder Angriffe geduldig ertragen, bevor sie handeln; und selbst dann ist Vergeltung nicht geboten, sondern Vergebung wird als höhere Pflicht dargestellt. 

  • Aufforderung, sich an die Verfassung der Vereinigten Staaten zu halten (Verse 4–7): Die Offenbarung erklärt die Verfassung als göttlich inspiriert und zur Gewährleistung der Freiheit aller Menschen eingesetzt. 

Gerade dieser letzte Punkt bekommt im Kontext der Sklavenfrage besonderes Gewicht, denn er stellt ein göttliches Ideal der allgemeinen Freiheit in den Vordergrund – während die Realität in Missouri von Sklaverei geprägt war. 


3. Sklaverei als Spannungsfeld 

Obwohl Lehre und Bündnisse 98 die Sklaverei nicht ausdrücklich anspricht, spielte sie im Umfeld der Offenbarung eine Schlüsselrolle. Missouri war ein Sklavenstaat, und viele der alteingesessenen Siedler sahen in den Heiligen eine potenzielle Bedrohung für das bestehende System. 

Ein wesentlicher Auslöser für Misstrauen war ein Artikel in der Evening and Morning Star von Juli 1833, in dem W. W. Phelps zwar betonte, dass die Kirche keine gesetzeswidrigen Versuche unternehme, Sklaven zu befreien, aber auch Hinweise gab, wie freie Schwarze in Missouri ankommen könnten. Für viele Missourianer reichte allein diese Andeutung, um die Heiligen als abolitionistisch zu brandmarken. 

Die kirchliche Haltung in dieser Zeit war komplex: 

  • 1835 wurde in Lehre und Bündnisse 134 festgehalten, dass die Kirche nicht beabsichtige, sich in staatlich erlaubte Sklaverei einzumischen. Das war eine Anpassung an den politischen Druck in Missouri. 

  • Joseph Smith selbst äußerte sich in den 1830er-Jahren zurückhaltend zur Abschaffung, schlug jedoch 1844 in seiner Präsidentschaftskampagne vor, die Sklaverei bis 1850 stufenweise abzuschaffen, finanziert durch den Verkauf öffentlicher Ländereien. 

  • Nach Joseph Smiths Tod verstärkte sich unter Brigham Young für einige Jahrzehnte eine theologische Rechtfertigung der Sklaverei, verbunden mit dem Priestertumsverbot für Schwarze – gestützt auf damals verbreitete, heute verworfene Interpretationen wie den „Fluch Kains“ oder „Fluch Hams“. 

Vor diesem Hintergrund erhält die Passage in L&B 98 über die göttlich inspirierte Verfassung und die Freiheit aller Menschen eine gewisse Spannung: Sie proklamiert ein Ideal, das in der damaligen US-Realität, besonders in Missouri, nicht verwirklicht war. 


4. Die prophetische Dimension 

Dass Joseph Smith diese Offenbarung vor der Ankunft der Nachrichten aus Missouri empfing, ist ein bemerkenswerter Aspekt. Für die Heiligen in Jackson County waren die Worte wie eine vorweggenommene Antwort Gottes: 

  • Sie sollten sich nicht zu Vergeltung hinreißen lassen, obwohl sie provoziert und misshandelt wurden. 

  • Sie wurden ermahnt, erst nach wiederholten Angriffen – und auch dann nur im Geiste der Rechtschaffenheit – Widerstand zu leisten. 

  • Sie sollten ihre Feinde lieben und für sie beten, selbst wenn diese Unrecht taten. 

Diese Mahnungen standen in direktem Gegensatz zur gängigen gesellschaftlichen Praxis, in der Ehre und Vergeltung stark betont wurden. 


5. Folgereaktionen und weitere Offenbarungen 

Als Joseph später im August 1833 schließlich die Briefe aus Missouri erhielt und das volle Ausmaß der Gewalt erkannte, empfing er weitere Offenbarungen, darunter L&B 99100 und besonders 101. Diese gaben zusätzliche Handlungsanweisungen, rechtliche Strategien und geistlichen Trost. 

L&B 98 blieb jedoch die erste, vorauseilende Botschaft, die der Herr gab – und sie legte den Ton fest: geduldig ertragen, Gott vertrauen, das Gesetz achten, Freiheit hochhalten und Gewalt meiden. 


6. Bedeutung für heute 

Aus heutiger Sicht lehrt L&B 98 mehrere Prinzipien: 

  • Göttliche Voraussicht: Gott kann seine Diener und sein Volk auf Prüfungen vorbereiten, bevor sie eintreten. 

  • Friedfertigkeit in Konflikten: Selbst in feindlicher Umgebung ist Gewalt nicht der erste Weg – Geduld und rechtmäßige Mittel haben Vorrang. 

  • Freiheit als göttliches Ideal: Die Offenbarung bekräftigt das Prinzip, dass wahre Gesetze der Freiheit von Gott inspiriert sind, was für den Umgang mit gesellschaftlichen Fragen auch heute wegweisend ist. 

  • Umgang mit gesellschaftlichem Druck: Die Geschichte zeigt, wie Gläubige in einer Kultur leben können, die zentrale Glaubenswerte nicht teilt – ein Spannungsfeld, das auch heute existiert. 


Zusammenfassung 

Lehre und Bündnisse 98 ist eine Offenbarung vom 6. August 1833, empfangen in Kirtland, Ohio, bevor Joseph Smith von den Übergriffen in Missouri wusste. Sie bietet Trost, ruft zu Geduld und Gewaltlosigkeit auf, betont die Achtung der göttlich inspirierten Gesetze und die Freiheit aller Menschen. Die Umstände in Missouri – verschärft durch Spannungen um die Sklavereifrage – machten diese Botschaft unmittelbar relevant. Für die Heiligen war sie ein Aufruf, trotz Verfolgung friedlich zu bleiben und auf Gottes Eingreifen zu vertrauen. Historisch gesehen steht sie an einem Wendepunkt, an dem geistliche Ideale und politische Realitäten heftig aufeinanderprallten – und sie bleibt ein Beispiel für prophetische Führung in Krisenzeiten. 


 
 
 

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