Seid guten Mutes
- manfred.lobstein
- 10. Juni
- 4 Min. Lesezeit

(Bild Quelle)
“Und nun, wahrlich, ich sage euch, und was ich zu einem sage, das sage ich zu allen: Seid guten Mutes, kleine Kinder, denn ich bin mitten unter euch, und ich habe euch nicht verlassen;” (Lehre und Bündnisse 61:36).
Historie zu Lehre und Bündnisse 61
Im Sommer 1831 war eine Gruppe von Priestertumsführern der jungen Kirche Jesu Christi in Missouri versammelt worden, um das Gebiet für die Stadt Zion zu erkunden. Nach dieser Konferenz erhielten die Männer den Auftrag, nach Ohio zurückzukehren, viele von ihnen mit Missionsaufträgen. Einige – darunter Joseph Smith, Oliver Cowdery, Sidney Rigdon, William W. Phelps und weitere Älteste – beschlossen, den Rückweg zunächst per Kanu über den Missouri River anzutreten.
Der Missouri galt als besonders tückischer Fluss: voller verborgener Hindernisse wie treibender Baumstämme („sawyers“) und mit reißenden Strömungen. Selbst erfahrene Dampfschiffkapitäne fürchteten diesen Fluss. Doch die Gruppe war unerfahren im Umgang mit Kanus, und die Reise wurde schnell gefährlich und angespannt.
Bereits am dritten Tag auf dem Wasser ereigneten sich beinahe schwere Unfälle. Ein Kanu schlug fast um, als es mit einem Baumstamm kollidierte. Joseph Smith nahm die Situation sehr ernst und riet dazu, den Fluss zu verlassen. Einige warfen ihm vor, ein Feigling zu sein. Der Unfriede wuchs, nicht nur wegen der äußeren Gefahr, sondern auch durch innere Spannungen in der Gruppe. Oliver Cowdery war tief enttäuscht vom Verhalten einiger Ältester und warnte sie prophetisch, dass ein Unfall drohen würde, wenn sie ihr Verhalten nicht änderten.
William W. Phelps hatte zu diesem Zeitpunkt eine bemerkenswerte Vision: Er sah am helllichten Tag den „Zerstörer in seiner schrecklichsten Macht auf dem Wasser einherfahren“. Andere hörten zwar ein Geräusch, sahen aber nichts. Diese Vision wurde später in ihrer Bedeutung unterschiedlich gedeutet – manche glaubten, Satan hätte die Macht über das Wasser. Doch L&B 61 stellt diese Auffassung richtig.
Nach einer durchstrittenen Ratsversammlung in der Nacht versöhnten sich die Männer weitgehend miteinander. Am nächsten Morgen, nach dem gemeinsamen Gebet, empfing Joseph Smith die Offenbarung, die heute in L&B 61 überliefert ist. Darin erklärte der Herr unter anderem:
Die Gefahren auf dem Wasser seien real, besonders auf dem Missouri, weil er von Gott in früheren Zeiten verflucht wurde (Verse 5–14; Offenbarung 8:8–11).
Die Ältesten wurden vor unnötiger Reise auf diesem Fluss gewarnt, insbesondere wenn sie nicht im Glauben unterwegs seien (Vers 18).
Der Herr erklärte, nicht Satan, sondern er selbst habe alle Macht über das Wasser (Vers 1), und er könne seine Diener beschützen oder richten – je nach ihrem Gehorsam und Glauben (Verse 10–11).
Die Ältesten sollten sich aufteilen, um zu zweit das Evangelium zu predigen (Verse 30–33).
Wer umkehrt und sich dem Herrn demütig unterwirft, empfängt Vergebung und Schutz (Verse 12, 36).
Die Reise wurde neu geordnet. Einige gingen zu Fuß weiter, andere setzten – mit der Zustimmung des Herrn – ihre Reise auf dem Wasser fort, soweit sie im Glauben und mit Auftrag unterwegs waren. William W. Phelps, dem in der Offenbarung zugesichert wurde, dass er sicher reisen dürfe, setzte seinen Weg per Boot fort. Später veröffentlichte er diese Offenbarung im Kirchenblatt The Evening and the Morning Star und warnte dort vor den spezifischen Risiken des Missouri, inklusive Krankheiten wie der Cholera, die sich auf verschmutztem Wasser verbreiteten.
Was wir heute aus Lehre und Bündnisse 61 lernen können
1. Christus hat alle Macht – auch über die Elemente
Der erste Vers ist ein machtvolles Bekenntnis: Jesus Christus ist Alpha und Omega, der Anfang und das Ende. Er regiert über alle Dinge, einschließlich der Wasser, der Erde, des Lebens und des Todes. Diese Wahrheit gibt Hoffnung in jeder Art von Gefahr – ob physisch, geistig oder emotional. Gerade in einer Zeit, in der viele Ängste kursieren – Naturkatastrophen, Krankheiten, politische Instabilität – ruft uns diese Offenbarung zur Vertrauensentscheidung auf: Wem glauben wir mehr – der Angst oder dem Herrn?
2. Der Herr kann auch durch Krisen belehren
Der Fluss Missouri war nicht nur ein gefährlicher Wasserweg, sondern auch ein Ort geistlicher Prüfung. Die Unfälle, die Streitigkeiten und die körperliche Erschöpfung führten zu Demut, Umkehr und schließlich zu Versöhnung. Der Herr erklärte, dass er sie diese Gefahren absichtlich erleben ließ, damit sie Zeugnis davon ablegen könnten (Vers 21). Daraus lernen wir: Nicht jede Not wird vermieden, aber jede kann zur Segnung werden, wenn wir den Herrn darin erkennen.
3. Missionarische Arbeit ist nicht gehetzt, sondern geführt
Der Herr sagte den Ältesten ausdrücklich, dass sie nicht hastig reisen, sondern in Zusammenkünften das Wort predigen sollen (Vers 23). In einer Zeit wie heute, in der Effizienz, Geschwindigkeit und „Performance“ oft im Vordergrund stehen, erinnert uns der Herr: Wirkung entsteht durch Geist und Hingabe – nicht durch Tempo. Der Dienst am Nächsten braucht Zeit, Geduld und Bereitschaft, sich unterbrechen zu lassen.
4. Das Wasser ist ein Symbol – der Glaube unser Schutz
Obwohl Wasser in dieser Offenbarung als gefährlich beschrieben wird, bleibt es auch ein heiliges Symbol – etwa in der Taufe. Die Aussage, dass das Wasser „verflucht“ sei, bezieht sich auf konkrete Orte und historische Umstände (Missouri River in den 1830er Jahren), nicht auf eine generelle Aussage über das Element. Doch der Punkt bleibt: Wer sich ohne Glauben und ohne Auftrag in Gefahr begibt, ist nicht geschützt. Wer jedoch im Glauben handelt, wird bewahrt, auch in den unwegsamsten Umständen (Verse 10, 36–39).
5. Der Herr gebraucht auch unsere Schwächen zur Reinigung
Die Offenbarung zeigt einen Herrn, der nicht nur straft, sondern läutert und korrigiert. Die Spannungen und Kritik unter den Ältesten waren real. Und doch hielt der Herr die Gruppe zusammen – bis sie sich versöhnt hatten. Danach konnte er sie mit spezifischen Aufträgen aussenden. Auch heute gebraucht der Herr unsere Fehler und Konflikte als Werkzeuge, um uns zu reinigen, zu vereinen und zu stärken.
Schlussgedanke
L&B 61 ist ein einzigartiges Dokument: Es verbindet eine reale, gefährliche Reisesituation mit tiefgehenden geistlichen Wahrheiten. Es zeigt, dass Christus gegenwärtig ist, auch wenn wir an gefährlichen Ufern stehen – ob am Fluss des Missouri oder am Rand moderner Krisen. Seine Macht ist größer als alle Gefahr. Seine Gnade ist tiefer als unsere Fehler. Und seine Führung ist verlässlich – ob zu Wasser oder zu Lande.
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