top of page

Vor der Verwüstung und gänzlichen Vernichtung warnen

  • Autorenbild: manfred.lobstein
    manfred.lobstein
  • vor 9 Stunden
  • 4 Min. Lesezeit
ree

(Bild: Quelle)


“Doch soll der Bischof in die Stadt New York gehen, ebenso in die Stadt Albany und auch in die Stadt Boston, und die Menschen in jenen Städten mit dem Schall des Evangeliums, mit lauter Stimme, vor der Verwüstung und gänzlichen Vernichtung warnen, die sie erwartet, wenn sie dies alles verwerfen.” (Lehre und Bündnisse 84:114). 


Lehre und Bündnisse 84:111-120 – Historischer Kontext, geistliche Lehren und biblische Parallelen

 

1.  Rollenverteilung in einer wandernden Kirche (Verse 111–113) 

Unmittelbar nach der „Körper‑Gleichnis“‑Mahnung (V. 109‑110) weist der Herr den Ämtern konkrete Aufgaben zu: Hohepriester, Älteste und Priester sollen weiterhin reisen und das Evangelium verkünden, während Lehrer und Diakone „stehende Diener“ in den Zweiggemeinden bleiben (V. 111). Damit wird ein frühes Dual‑Modell festgelegt: mobile Missionare und stationäre Hirten. Die Bibel liefert das Muster in Apostelgeschichte 14, wo Paulus umherzieht, aber Älteste in den Städten zurücklässt. 

Bischof Newel K. Whitney erhält zugleich eine Doppelfunktion: Er soll durch die Gemeinden reisen, „die Armen aufsuchen“ und den Reichen Demut lehren (V. 112). Im frühen Kirtland strömten Hilfegesuche von verarmten Heiligen herein; Whitneys Auftrag spiegelt 5. Mose 15,7‑11, wo Israel angewiesen wird, die Hand für Bedürftige zu öffnen. Die Offenbarung befiehlt ihm weiter, einen Beauftragten einzusetzen (V. 113) – Frühform heutiger Führungssekretäre –, damit geistliche und zeitliche Belange getrennt, aber koordiniert bleiben. 

2 .  Prophetische Warnkampagne: New York, Albany, Boston (Verse  114–116) 

Vers 114 ruft Whitney – mit Joseph Smith als Begleiter – zu einer Missions‑ und Warnreise in drei „große und bemerkenswerte Städte“. New York war damals Amerikas Handelsmetropole, Boston ihr intellektuelles Zentrum, Albany ein aufstrebender Binnenhafen; alle drei standen für wirtschaftliche Macht und kulturelle Selbstsicherheit. Wie Jona für Ninive soll Whitney „mit lauter Stimme vor der Verwüstung warnen“. Die Formulierung „Haus wird ihnen wüst gelassen“ (V. 115) greift Jesu Wort über Jerusalem (Mt 23,38) auf. 

Josephs Brief an Emma aus Manhattan (Okt. 1832) zeigt seinen inneren Zwiespalt: Bewunderung für Architektur und Erfindungsreichtum, zugleich Trauer über menschliche Eitelkeit. Er erkennt, dass Gott nicht die Werke verurteilt, sondern die Selbstbezogenheit, die „ihm nicht die Ehre“ gibt. Diese Empfindung spiegelt Paulus’ Kritik an „Götzendienst an Geschöpfen statt an den Schöpfer“ (Röm 1,25). 

Der Verheißung folgt Zusicherung: „Kein Haar soll unbemerkt fallen“ (V. 116) – dieselbe Redewendung Jesu an die Jünger, die ohne Beutel ausziehen (Lk 21,18). 

3.  Generalbefehl an alle Diener (Verse  117–118) 

Vers 117 weitet den Auftrag: Je nach persönlicher Lage sollen alle Berufenen – Frauen wie Männer in ihren jeweiligen Aufgaben – „zu den großen und bemerkenswerten Städten und Dörfern“ gehen und ungerechte Taten aufdecken. Das „Recht, die Welt zu tadeln“ wurzelt in Johannes 16,8, wo der Paraklet die Welt von Sünde überführt; die Heiligen werden hier als verlängerter Arm des Parakleten gedeutet. 

Vers 118 steigert die Rhetorik: Mit den demütigen Predigern wird der Herr „Königreiche zerreißen“, Erde und „sternklare Himmel erzittern lassen“. Das Bild spiegelt Hebräer 12,26‑27 („Noch einmal erschüttere ich nicht nur die Erde, sondern auch den Himmel“) und kündigt eine kosmische Neuordnung an.  

4 .  Apokalyptische Verheißung Christi (Verse  119–120) 

Obwohl die Heiligen „es jetzt nicht sehen“ (V. 119), versichert der Herr, dass seine Hand bereits die „Mächte der Himmel“ einsetzt. Zeitliche Verzögerung ist kein Zeichen göttlicher Untätigkeit, sondern Trainingsraum für Glauben. Diese Spannung zwischen „Noch nicht sehen“ und „Bald schauen“ entspricht 2 Korinther 5,7 („Wir wandeln im Glauben, nicht im Schauen“). 


Die Selbstoffenbarung in Vers 120 – „Ich bin Alpha und Omega“ – schließt die Offenbarung zyklisch mit der gleichen Christusformel, die Johannes auf Patmos hört (Offb 1,8; 22,13). Alpha und Omega umfassen den griechischen Alphabet‑Bogen; Christus beansprucht damit Ursprung, Verlauf und Vollendung der Heilsgeschichte. 


Geistliche Lehren und aktuelle Anwendung 


  1. Diakonat der Fürsorge 


    Whitney soll die Reichen „demütigen“ (V. 112) – nicht durch Rüge, sondern indem er sie für Armenhilfe gewinnt. Auch heute liegt im Bischofsamt (oder christlich gesehen im Gesamtpriestertum) die Herausforderung, Wohlstand in Mitgefühl umzuwandeln. 

  2. Warnen ohne Hochmut 


    Wie Josephs Manhattan‑Brief *) zeigt, gilt es, Gottes Größe in menschlichen Errungenschaften zu erkennen, ohne deren Schöpfer zu verabsolutieren. Die moderne Stadt mit Technik, Social‑Media‑Glanz und Konsumtempeln ist genauso zu warnen – nicht vor Fortschritt, sondern vor letzter Selbstbezogenheit. 


    *) das Schreiben, das der Prophet Joseph Smith am 13. Oktober 1832 aus New York City an seine Frau Emma sandte. Dort beschreibt er seinen Spaziergang durch die „splendid part of the city“ und reflektiert über Gottes Haltung zu menschlichen Errungenschaften, während er zugleich das geistige Elend der Metropole beklagt. 


    Den vollständigen Originaltext samt diplomatischer Abschrift ist im Joseph Smith Papers-Projekt: Letter to Emma Smith, 13 October 1832 zu finden 

    https://www.josephsmithpapers.org/paper-summary/letter-to-emma-smith-13-october-1832 


    „… can the great God of all the Earth … be displeased with man for all these great inventions sought out by them? … only against man is the anger of the Lord kindled because they give him not the glory …“ 


    Dieser Brief wird gelegentlich — nicht offiziell, aber der Sache nach — als „Manhattan letter“ bezeichnet, weil Joseph ihn während seines vom Herrn gebotenen Aufenthalts in New York verfasste (vgl. LuB 84:114–116). 

  3. Mission nach Umständen 


    Vers 117 anerkennt unterschiedliche Lebens­phasen („wie es eure Umstände erlauben“). Für heutige Heilige bedeutet das: digitale Zeugnisse, nachbarschaftliche Tischgemeinschaft, überregionale Hilfe – jeder nach Kraft, aber mit gleichem Auftrag. 

  4. Kosmische Perspektive auf Krisen 


    Erschütterungen der Erde (Pandemien, Klimakatastrophen, politische Instabilität) sind in dieser Theologie nicht Endpunkt, sondern Geburtswehen einer neuen Ordnung (vgl. Mt 24,8 „Wehen“). Vers 118 ermutigt, beim Beben nach Gottes Hand zu fragen, statt in Angst zu erstarren. 

  5. Gewissheit trotz Unsichtbarkeit 


    Die Aussage „Ihr könnt es jetzt nicht sehen, doch bald“ (V. 119) erinnert an die Verzögerungsgleichnisse Jesu (z.B. Matthäus 25,5). Sie lädt zur aktiven Hoffnung ein: Glaube wird zur Brücke zwischen unsichtbarer Vorbereitung und sichtbarer Erfüllung. 


Schlussgedanke 

Die Verse 111‑120 schwingen zwischen diakonischem Alltag und apokalyptischer Vision. Sie lehren, dass dieselbe Hand, die Bettlern Brot reicht, eines Tages Himmel und Erde erschüttern wird – und dass Gott gerade deshalb Brotverteilung, Predigt und kosmische Erneuerung in einem einzigen Heilsplan verbindet. Wer heute als Lehrer im Primarraum wirkt, im Fast‑Opfer spendet oder online Zeugnis gibt, beteiligt sich an einem Prozess, dessen Ende der „Alpha und Omega“ selbst garantiert. 


 
 
 

Comments


Join our mailing list

Thanks for submitting!

  • Facebook Black Round
  • Twitter Black Round

© 2023 by Parenting Blog

Proudly created with Wix.com

500 Terry Francois St. San Francisco, CA 94158

info@mysite.com

Tel: 123-456-7890

Fax: 123-456-7890

bottom of page