Wer mein Gesetz empfängt und es tut, der ist mein Jünger
- manfred.lobstein
- 28. Apr.
- 4 Min. Lesezeit

Jesus und seine Jünger, © Balage Balogh/Art Resource, New York
(Bild: Quelle)
“Wer mein Gesetz empfängt und es tut, der ist mein Jünger; und wer sagt, er empfange es, und tut es nicht, der ist nicht mein Jünger und soll aus eurer Mitte ausgestoßen werden;” (Lehre und Bündnisse 41:5).
Historie von Lehre und Bündnisse 41
Die Offenbarung in L&B 41 wurde am 4. Februar 1831 gegeben – dem Tag, an dem Joseph Smith in Kirtland, Ohio ankam. Bereits im Vorfeld dieser Ankunft war der Geist Gottes unter den neuen Bekehrten in der Region spürbar. Elizabeth Ann Whitney schilderte eine tiefgreifende geistige Erfahrung, die sie und ihr Mann Newel hatten, bei der sie eine Stimme aus einer Wolke hörten, die ihnen ankündigte, dass das Wort des Herrn bald zu ihnen kommen werde. Als Joseph Smith schließlich in einem Pferdeschlitten in Kirtland eintraf, trat er direkt in den Laden von Gilbert und Whitney, reichte Newel Whitney die Hand und sprach: „Newel K. Whitney, du bist der Mann!“ – eine Begegnung, die die Whitneys sofort als Erfüllung ihrer früheren Vision erkannten.
Joseph und seine Frau Emma wurden herzlich in das Haus der Whitneys aufgenommen. Joseph beschrieb die Gemeinde in Kirtland als eifrig bemüht, Gottes Willen zu tun, wenngleich einige falsche Ideen und Geister in Umlauf geraten waren – darunter die Vorstellung eines „Gemeinschaftseigentums“ unter den Mitgliedern einer als „die Familie“ bekannten Gruppe. Durch Weisheit und Offenbarung half Joseph, solche Irrtümer zu erkennen und zu korrigieren.
Die Offenbarung in Abschnitt 41 beantwortete praktische Fragen zur Unterbringung Josephs und war gleichzeitig der Beginn bedeutender Entwicklungen in der Organisation der jungen Kirche. Bemerkenswerterweise wurde in dieser Offenbarung Edward Partridge als erster Bischof dieser Evangeliumszeit berufen – nur wenige Wochen nach seiner Taufe. Partridge, ursprünglich Hutmacher und erfolgreicher Fabrikbesitzer in Ohio, war auf der Suche nach wahrer göttlicher Autorität gewesen. Seine Suche führte ihn schließlich zu Joseph Smith, von dem er sich taufen ließ. Er nahm den Ruf des Herrn an, verließ sein florierendes Geschäft und widmete sein Leben dem Aufbau des Reiches Gottes.
Lehre und Bündnisse 41 markiert auch einen Wendepunkt in der Führungsstruktur der Kirche. Der Herr präsentiert sich hier nicht als gewählter Repräsentant, sondern als König, der gesetzgeberische, richterliche und vollziehende Gewalt in sich vereint. Die Offenbarung verdeutlicht, dass göttliche Gesetze nicht durch Diskussion oder Mehrheitsbeschluss entstehen, sondern durch Offenbarung empfangen und von den Heiligen angenommen werden sollen. Sie ebnete den Weg für weitere Offenbarungen, insbesondere Abschnitt 42, das sogenannte „Gesetz des Herrn“, welches wenige Tage später gegeben wurde und das Prinzip der Weihe ausführlicher darlegt.
Insgesamt steht Abschnitt 41 exemplarisch für den Übergang von einer lose verbundenen Bekehrtengemeinschaft zu einer strukturierteren Kirche mit klaren Rollen und göttlich verordneten Ämtern. Die Berufung Edward Partridges und die Umsetzung der geoffenbarten Gesetze wurden zum Modell für den Aufbau einer geweihten Gemeinschaft – nicht nach dem Muster der Welt, sondern nach dem Willen Gottes.
In den Versen 1 bis 6 betont der Herr die Verantwortung der Führer der Kirche, dafür zu sorgen, dass das Gesetz Gottes unter seinem Volk gehalten wird. Präsident Joseph F. Smith bezog sich in der Generalkonferenz von Oktober 1899 auf diese Verse und erklärte, dass es eine zentrale Pflicht der kirchlichen Führer sei, das Volk zur Einhaltung der Gebote zu führen. Dieser Auftrag sei einer der Hauptgründe, warum die Führer zu den Heiligen sprechen.
Diejenigen, die vom Herrn berufen werden, seine Kirche zu führen, sind oft ganz gewöhnliche Menschen mit Fehlern, Schwächen und Herausforderungen. Doch was sie eint, ist ihr aufrichtiger Wunsch, Gottes Kinder zu segnen. Das Halten der Gebote bringt Segen, und die Verantwortung dafür liegt auf den Schultern derjenigen, die zu Führungsaufgaben berufen wurden.
Elder David A. Bednar berichtete von seinen Erfahrungen mit anderen Kirchenführern und bezeugte, dass ihr tiefstes Anliegen darin bestehe, den Willen Gottes zu erkennen und zu tun. Er sagte, dass die gemeinsamen Beratungen oft zu Entscheidungen führten, die weit über menschliche Weisheit hinausgehen. Während manche Menschen durch die Unvollkommenheit der Führer irritiert seien, empfinde er diese menschliche Seite als glaubensstärkend und ermutigend.
In diesen Versen findet sich auch eine schlichte, aber tiefgründige Definition eines Jüngers Christi: jemand, „der mein Gesetz empfängt und es tut“ (L&B 41:5). Wer den Bund eingeht, Jesus Christus nachzufolgen, verpflichtet sich, seine Worte – vermittelt durch unvollkommene Menschen – anzunehmen und danach zu leben. Dabei ist es die Gnade Christi, die unsere Unzulänglichkeiten ausgleicht und uns befähigt, echte Jüngerschaft zu leben.
Die Verse 7 bis 12 markieren einen bedeutenden Wendepunkt in der Geschichte der Kirche: die Berufung von Edward Partridge als erster Bischof dieser Evangeliumszeit. Zu jener Zeit war das heutige Gemeindesystem mit Bischöfen über Pfähle und Gemeinden noch nicht offenbart worden. Partridge’ Aufgabe ähnelte daher zunächst mehr der Rolle eines heutigen Präsidierenden Bischofs als der eines örtlichen Gemeindebischofs. Die genauen Aufgaben eines Bischofs wurden erst nach und nach durch weitere Offenbarungen konkretisiert, beispielsweise in den Abschnitten 46, 58, 68, 72, 84 und ausführlicher im Abschnitt 107.
Doch bevor der Herr in weiteren Details die Pflichten dieses Amtes offenbart, nennt er hier das entscheidende Kriterium für den Dienst in seinem Reich – sei es als Bischof oder in jeder anderen Berufung: ein reines Herz (LuB 41:11). Diese geistige Eigenschaft steht über jeder organisatorischen oder administrativen Fähigkeit.
Präsident Gordon B. Hinckley beschrieb viele Jahre später eindrucksvoll die Erwartungen an einen Bischof. Er solle als vorsitzender Hoher Priester der Gemeinde wirken, als Ratgeber für die Mitglieder, als Helfer in Notlagen, Tröster der Trauernden und als Versorger der Bedürftigen. Der Bischof solle darüber hinaus auch die Lehre und die Qualität des Unterrichts in der Gemeinde schützen und fördern. Seine persönliche Integrität müsse über jeden Zweifel erhaben sein – sein Vorbild bestimme die geistige Richtung seiner Gemeinde.
Ein Bischof, so Hinckley weiter, müsse zwar konsequent in der Verteidigung der Wahrheit und mutig im Widerstand gegen das Böse sein, aber zugleich alles mit Liebe und Güte tun. In allem sei er ein geistiger Vater für die Mitglieder und ein Wächter über ihre seelischen Bedürfnisse. Besonders in seiner Funktion als Präsident des Aaronischen Priestertums sei es seine Aufgabe, junge Männer im Glauben zu führen und zu stärken.
Diese Verse zeigen somit, dass die Berufung eines Bischofs kein organisatorischer Zufall war, sondern eine göttliche Bestimmung – mit einem starken Fokus auf geistige Reinheit, Vorbildwirkung und fürsorgliche Führungsaufgaben im Dienst des Herrn.
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